Die Kapitänin der Bundesliga-Frauen des 1. JC Mönchengladbach spricht über die Judo-Bundesliga und Anforderungen für Olympische Spiele.

Nach dem Rückzug der Herren aus der 2. Bundesliga sind die Damen in der 1. Bundesliga das einzige Aushängeschild des JC Mönchengladbach. Wie fühlt man sich damit?

Zander Zuerst sind wir natürlich traurig, dass die Herren zurückziehen mussten. Auf der anderen Seite bekommen wir jetzt noch mehr Unterstützung, die Männer helfen uns im Training und bei der Organisation.

Mehr Geld ist durch den Rückzug der Herren für die Frauen aber nicht da?

Zander Nein. Das ist ja das generelle Problem bei Randsportarten, dass Sponsoren nicht gerade Schlange stehen. Wir haben jetzt das Glück gehabt, dass wir mit Pelzers Wohnbau einen neuen Sponsor gefunden haben, durch den wir die Bundesliga aufrechterhalten konnten.

Und nun geht es im bestens ausgestatteten High-Tech-Bus zu den Auswärtsfahrten?

Zander Das wäre schön! Nein, wir organisieren die Fahrten selber, meistens mit unseren eigenen Autos. Unser Trainer Vahid Sarlak organisiert auch schon mal einen kleinen Bus, mit dem wir dann unterwegs sind. Zum Glück haben wir in der Saison insgesamt drei Heimkampftage, und auch die anderen Kämpfe sind hauptsächlich in NRW. Einmal müssen wir nach Wolfsburg, aber das geht ja noch.

Wie lief die Vorbereitung?

Zander Sehr gut. Viele haben bei den Deutschen Meisterschaften gekämpft, wo Mira Ulrich und Julia Tillmanns Dritte und Samira Bouizgarne und ich Fünfte geworden sind. Für die Deutschen muss man sich echt gut vorbereiten, das ist der erste Höhepunkt des Jahres. Danach arbeitet man an der Technik und an seinen Schwächen, dann stehen von Frühjahr bis Herbst internationale Wettkämpfe an, und so lange dauert auch die Bundesliga. Im November, Dezember fängt dann die Pause an, wo man individuell trainiert, und kurz vor Januar gibt man wieder Vollgas. Da ist man gut vorbereitet.

Was ist die Zielsetzung?

Zander Wir sind die letzten fünf Jahre Nordmeister geworden und hoffen, das wieder zu schaffen. Sollte das gelingen, dürften wir auch im Oktober, November die Finalrunde in Mönchengladbach ausrichten, wo sich entscheidet, wer Deutscher Meister wird.

Wie stehen die Chancen?

Zander Um Nordmeister zu werden, gut. Am ersten Kampftag (Samstag, 29. April, 16 Uhr, Jahnhalle, Anm. d. Red.) kommt mit Bottrop direkt unser stärkster Gegner. Letztes Jahr gab es ein 6:6-Unentschieden, und es waren eigentlich immer enge Kämpfe. Wir sind gut vorbereitet und aufgestellt und hoffen, dass wir gewinnen können. Da ich in Oberhausen wohne und häufig am Stützpunkt Bottrop trainiere, kenne ich die natürlich sehr gut . . . Am letzten Kampftag ist dann Witten der Gegner, der auch immer sehr gut aufgestellt ist und sich immer wieder mit ausländischen Kämpfern verstärkt. Da sind wir gespannt, wer auf der Matte stehen wird.

Hat sich der 1. JC auch verstärkt?

Zander Wir werden am ersten Kampftag ein eingespieltes Team am Start haben. Wir haben viele Zugänge aus dem eigenen Verein, die sich noch in der Frauenliga einarbeiten müssen. Wir werden schauen, dass wir zum einen auf die erfahrenen Kämpfer setzen, aber auch, dass wir den jüngeren mehr Einsätze geben. Als externen Zugang haben wir Rotem Shor bekommen, eine Israelin, die an diesem Wochenende auch bei der Europameisterschaft kämpft. Sie steht in meiner Gewichtsklasse bis 63 Kilo, die eh nicht so groß besetzt ist. Letzte Saison musste ich da alle Kämpfe bestreiten. Jetzt ist es gut, dass wir da eine Ausländerin dabei haben, damit wir auch mal anders aufstellen und eventuell auffüllen können.

Sie haben 50 Kämpferinnen auf der Liste. Warum so viele?

Zander Unser Hauptteam besteht aus zehn, 14 Leuten, die kämpfen, davon maximal zwei Ausländer, weil nur zwei pro Begegnung zulässig sind. Auf der Liste stehen aber viel mehr Kämpfer. Das ist wichtig, weil es immer sein kann, dass wichtige Leute fehlen. Mira Ulrich zum Beispiel steht im B-Kader der Nationalmannschaft - wenn sie da Lehrgänge hat, fällt sie bei uns aus, dann brauchen wir Ersatz. Sie ist eine echte Punktelieferantin, und wir sind froh, dass sie vom Bundestrainer für die meisten Kämpfe mit uns schon Grünes Licht bekommen hat.

Wer sind neben Mira Ulrich die Punktelieferanten?

Zander Julia Tillmanns hat letztes Jahr alle Punkte geholt, ich - außer in der Finalrunde - auch. Wir sind mit am längsten im Team und somit die erfahrensten. Stephanie Manfrahs betreibt Judo zwar nicht wie früher noch als Leistungssport, ist aber in der Bundesliga weiter hochmotiviert. Rahel Krause ist auch seit mehreren Jahren dabei. Bei den Jüngeren müssen wir sehen, wie es sich entwickelt - hin zum Leistungssport oder doch weiter im Breitensport. Da zeichnet sich bei Samira Bouizgarne, die wahrscheinlich auch bei der WM kämpfen wird, zumindest schon ab, dass sie ihr Leben auf den Leistungssport ausrichten wird.

Was muss man dafür tun?

Zander Samira geht zum Beispiel auf das Sportinternat in Köln. Nach der Schule muss man sich im Judo entscheiden, ob man zur Bundeswehr oder Bundespolizei geht, weil man da gefördert wird. Dafür muss man sich bewerben und einen Kader-Status haben - dann kann man den Leistungssport finanzieren.

Es geht also nicht, dass man beispielsweise Jura studiert und Judo als Leistungssport betreibt?

Zander Das ist ein gutes Beispiel. Mira Ulrich ist im Nationalkader und studiert Jura, aber wenn sie die Chance bekäme, würde sie wohl auch zur Bundeswehr oder Bundespolizei gehen. Das Studium kostet eben und man verdient kein Geld. Durch den Leistungssport würde es dann sehr gestreckt werden, es würde vielleicht nicht fünf Jahre dauern, sondern deutlich länger. Wer zu Olympia fährt, muss ein Jahr vorher mit dem Studium pausieren, um sich darauf vorzubereiten. Das muss man vorher alles bedenken. Und es wird nicht einfacher.

Wie meinen Sie das?

Zander Miryam Roper, die bei uns in der Gewichtsklasse bis 57 Kilo kämpft, war in Rio und London bei den Olympischen Spielen. Jetzt ist es aber so, dass die Förderung des Deutschen Olympischen Sportbundes für viele ältere Kämpfer aufgehört hat. Miryam ist Jahrgang 1982 und wird jetzt für Panama kämpfen, wo ihr Vater herkommt, damit sie weiter zu Olympia fahren kann.

Gibt es da eine klare Altersgrenze seitens des Sportbundes?

Zander Ich glaube nicht. Es ist nur so, dass die Jüngeren im Kader mehr gefördert werden, was eigentlich auch richtig ist, aber eben zulasten der Älteren geht. Ich glaube aber, das ist eine Schwierigkeit aller Sportverbände, da die richtige Balance zu finden. Ich kann mir vorstellen, dass das mit geringen Fördermitteln auch schwierig ist. Darum ist die Bundesliga eine gute Möglichkeit, sich mit relativ geringen Mitteln auf hohem Niveau zu messen. Wir freuen uns auf jeden Fall, dass es nächste Woche wieder losgeht und hoffen, dass dann viele in die Jahnhalle kommen, um uns zu unterstützen.

GEORG AMEND FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Quelle: RP