Herr Tölzer, haben Sie Ihre Ausrüstung für die Olympischen Spiele schon bekommen? Andreas Tölzer: Ja. Die Kleidung für den Einlauf gefällt mir sehr gut. Das war 2004 und 2008 noch anders. Die hängt nur bei mir im Schrank.
Passen Ihnen als Schwergewichts-Judoka die Sachen überhaupt? Tölzer: Die sind ja für Sportler gemacht. Die Kleidung gibt es in den Größen 1 bis 14. Ich habe Größe 12.
Wie hat sich Ihr Gewicht in den vergangenen Jahren entwickelt? Tölzer: Ich habe seit den Spielen in Peking vor vier Jahren von 132 auf 145 Kilo zugelegt. Gleichzeitig aber meinen Körperfett-Anteil auf 16 Prozent reduziert. Mit der Gewichtszunahme und gleichzeitigem Bein-Training wollen wir den Körperschwerpunkt weiter nach unten verlagern. Dann ist man schwerer zu werfen und kann auch selbst mehr Dynamik entwickeln.
Wie hält man solch ein Gewicht? Tölzer: Ich musste meine Ernährung umstellen. Noch weniger Süßigkeiten, kein Schweinefleisch, weniger Kohlenhydrate, mehr Eiweiß. Trotzdem muss ich sehr viel essen. Mittags und abends geht es bis zur Übersättigung, weil ich wahnsinnig viele Kalorien verbrenne. Das, was normale Menschen vielleicht einmal in der Woche machen, wenn sie irgendwo essen gehen, habe ich permanent. Gerade war ich beim Chinesen. Vorspeisen, Salatteller – und zweimal am Buffet. Das muss ich auch. Sonst wird es schwer.
In London nehmen Sie an Ihren dritten Olympischen Spielen teil. Tölzer: Und es ist immer wieder eine tolle Erfahrung. Ich verstehe mich super mit den Hockey-Spielern. Wenn ich mit meinem Wettkampf am 3. August durch bin, werde ich sie anfeuern. Die Eröffnungsfeier werde ich mir jedoch sparen. Das war 2004 in Athen zum Beispiel eine Katastrophe. Es ging ein ganzer Tag drauf in brütender Hitze – und man braucht zwei Tage, sich zu erholen. Dafür ist die Zeit vor dem Wettkampf zu kostbar.
Vor vier Jahren war Dirk Nowitzki der große Star im Olympia-Team. Tölzer: Wie definiert man einen Star? Dirk Nowitzki ist noch nicht Olympiasieger oder Weltmeister geworden, durfte aber 2008 die Fahne ins Stadion tragen. Inzwischen ist er auch NBA-Meister geworden, aber vor vier Jahren hatten andere Sportler deutlich mehr vorzuweisen. Das ist manchmal ein bisschen schade.
Ihr größter Rivale im Kampf um Olympia-Gold ist der Franzose Teddy Riner, fünffacher Weltmeister und Weltranglisten-Erster. Sie sind die Nummer zwei in der Welt.Tölzer: Wir haben fünfmal gekämpft, es steht 4:1 für ihn. Er ist mein größter Konkurrent im Kampf um die Medaillen. Aber es wäre ein Fehler, sich nur auf ihn zu konzentrieren. Wir können uns erst treffen, wenn es um die Medaillen geht. Da muss man sich auch auf andere konzentrieren. In Frankreich wird es so dargestellt, als könne nur ich ihn besiegen. Wenn er das auch so sieht, wird er vorher verlieren.
Ist er ein Jahrhunderttalent? Tölzer: Absolut. Denn er ist bei allen Erfolgen erst 23 Jahre alt. Er ist in Frankreich ein absoluter Popstar, verdient mehr als eine Million Euro im Jahr.
Was verdienen Sie? Tölzer (lacht): Ich wäre mit zehn Prozent davon mehr als zufrieden.
Sie könnten im Falle eines Olympiasieges bei "Schlag den Raab" antreten – wie Judo-Olympiasieger Ole Bischof das 2008 gemacht hat.Tölzer: Damals habe ich alle Freunde mobilisiert, damit sie für Ole anrufen und er seine Chance hat. Ich hatte es ihm auch zugetraut. Dass er dann so klar verloren hat, war bitter für ihn. Ich würde so etwas auf gar keinen Fall machen. Gut war der Auftritt im Nachhinein vielleicht nicht, weder für ihn noch für den Sport. Vor allem die Deutlichkeit der Niederlage war hart.
Mit welcher Zielsetzung fahren Sie denn nun nach London? Tölzer: Als Weltranglisten-Zweiter muss mein Ziel eine Medaille sein, alles andere wäre Unsinn. Je heller sie dann glänzt, desto besser.
Und wie wollen Sie Riner packen, wenn es am Ende zum von vielen ersehnten Duell kommt?Tölzer: Seine Stärke ist bei seinen 2,04 Meter Größe die Reichweite. Der kommt oft aus Distanzen zu Ansätzen, in denen ich mich eigentlich noch sicher fühle. Taktisch ist er auch sehr clever. Aber ich habe ihn schon einmal besiegt. Wir werden sehen.
Martin Beils, Karsten Kellermann, Sascha Köppen und André Schahidi führten das Gespräch.